From Memoirs of a 39er (Der Auschluss)

In 1985 when Walter Reder, the last Nazi war criminal incarcerated in Italy, was released, Friedhelm Frischenschlager Freedomite Minister of Defense, flew to Graz to welcome the „old soldier“ with a handshake and „Grüss Gott!“ This was a bone in the throat of some Socialists, but others gulped it down without any trouble. The Conservatives raised a ruckus in parliament but smiled wanly when one of their mayors presented Reder with a hunting lodge to while away his twilight hours. (There is a brush dipped in brown paint and both major parties use it on each other when they consider it opportune, but they don’t do any rinsing out of their own.) Birds of a feather (and a color) flock together. The Catholic Church got into the act by giving Reder room and board until the more luxurious quarters were ready.

Incidentally, Reder gave up his Austrian citizenship in the Thirties, before Austria became Ostmark, when he embarked on an SS career in the Reich. He did not have to apply to regain it. He received on a silver platter along with a pension and other benefits. No emigré can boast of red carpet treatment with a cabinet member on hand to do the welcoming.

There was another bone to be swallowed in 1985 when Frischenschlager unveiled a plaque honoring General Alexander von Löhr for building up the Austrian Air Force before 1938. Lohr had indeed done a fine job with the Air Force, which first saw action after the Anschluss. Among his achievements was the bombing of Belgrade, which was carried out without a declaration of war with a death toll of 17,000. Lohr’s illustrious career came to an end in 1947 when he was executed for war crimes in Yugoslavia. A press campaign and public protest resulted in the removal of the plaque, but the resilient minister stayed on.

 

 

Emigré Turned Remigré
from Smoke and Fire/Rauch und Feuer

You ask why
you weren’t asked to return
to where you came from.
You ask why
a Head of State
and Princes of the Church
didn’t express their desire
to have you set foot
on Austrian soil.
You ask why
your citizenship
wasn’t returned to you
along with a pension
and other benefits.

You ask why
you weren’t welcomed back
to Austria
by the Minister of Defense.
The answer is
you aren’t an old soldier
named Walter Reder
who did his duty
for the Führer and the Reich.

Reder too
was an emigré turned remigré.
He left Austria in the thirties
in order to swear allegiance
to that other illustrious son
and to embark on an SS-career
in Nazi-Germany.
And like his model,
the most famous of all
emigrés turned remigré,
he returned home
when Austria became Ostmark.

Major Reder, who’s most noted
for the Massacre of Marzabotto,
distinguished himself
by not only following orders
but also by giving them
and personally participating
in doing what was ordered.

When it came to slaughtering
old men, women and children
and setting houses alight,
Reder was there
to lend a helping hand,
and just to show his men
that he was one of them,
he raped a nun.

Don’t you agree
that it’s befitting
for one who practiced
these martial arts
to be welcomed
by the Minister of Defense?

It was forty years after
the collapse of the Reich
in the winter of ’85
when Major Walter Reder
was freed from his chambers
in the Italian fortress of Gaeta,
where he was attended by an orderly,
and flown back to Austria.

The notables who had pleaded
for the release of the former
“last Austrian prisoner of war”
saw to it that the good soldier
go his due for the slaughter
of more than a thousand victims
in the manner already described.

What’s so distinguishing
about the Jewish likes of you?
There’s no achievement
in merely being
an emigré turned remigré.
Is it an honor
to have had to abscond
or stay to go up in smoke?

* * *

 

Aus „Der Ausschluss“ Memoiren eines Neununddreissigers

Im Jahre 1985 wurde Walter Reder, ein Nazikriegsverbrecher, aus italienischer Haft entlassen. Friedhelm Frischenschlager, der Freiheitliche Verteidigungsminister, flog nach Graz, um den alten Soldaten mit einem Handschlag willkommen zu heißen. Dies war eine Gräte im Hals der Sozialisten, aber viele schluckten sie ohne Schwierigkeiten. Die Konservativen schlugen im Parlament Krach, lächelten aber nur schwach, als einer ihrer Bürgermeister Reder ein Jagdhaus zur Verfügung stellte. (Die beiden Großparteien bepinseln einander braun, wenn sie glauben, es sei vorteilhaft, aber sich selber von der braunen Farbe zu reinigen, würde ihnen nicht im Traum einfallen.) Die Katholische Kirche spielte auch mit, indem sie Reder Unterkunft bot, bis das luxuriöse Quartier bereitstand.

Friedhelm Frischenschlager

Reder hatte übrigens seine österreichische Staatsbürgerschaft in den Dreißigerjahren aufgegeben, bevor Österreich zur Ostmark wurde, um in Deutschland eine SS-Karriere zu machen. Er mußte nicht um die Wiedererlangung der österreichischen Staatsbürgerschaft ansuchen; sie wurde ihm auf einem Silbertablett nebst einer Pension und anderen Vergünstigungen serviert. Kein Emigrant kann sich einer solchen Behandlung samt rotem Teppich und Ministerbegrüßung rühmen.

Es gab noch eine weitere Gräte zu schlucken, als im Jahre 1985 Frischenschlager eine Gedenktafel für Generaloberst Alexander von Löhr enthüllte, der vor 1938 die Österreichische Luftwaffe aufgebaut hatte. Löhr hatte tatsächlich gute Arbeit geleistet und trat mit der Luftwaffe nach dem Anschluß erstmals in Aktion. Zu Löhrs „Heldentaten“ gehörte die Bombardierung von Belgrad, bei der 17.000 Menschen getötet wurden. Löhrs Karriere endete im Jahre 1947, als er wegen seiner Kriegsverbrechen in Jugoslawien hingerichtet wurde. Nach einer Pressekampagne und öffentlichem Protest wurde die Gedenktafel entfernt, aber der Minister blieb im Amt.

 

Emigranten und Remigranten
aus Rauch und Feuer/Smoke and Fire

Du fragst,
warum man dich nicht bat,
in dein Heimatland zurückzukehren.
Du fragst,
warum sich kein Regierungschef
und keine Kirchenfürsten
nach dir sehnten.
Du fragst,
warum man dir nicht
deine Staatsbürgerschaft
zusammen mit einer Pension
zurückgab.
Du fragst,
warum du bei deiner Rückkehr nicht
vom Verteidigungsminister
mit Handschlag begrüßt wurdest.
Die Antwort ist einfach:
Du bist kein alter Kämpfer
wie Walter Reder,
der seine Pflicht erfüllte
für Führer und Reich!

Auch Reder
wurde einst vom Emigranten
zum Remigranten.
Er verließ sein Heimatland
in den Dreißigerjahren,
um einem anderen Sohn Österreichs
die Treue zu schwören
und sich in Nazi-Deutschland
eine SS-Karriere aufzubauen.
Und wie sein großes Vorbild –
der berühmteste aller Emigranten,
die zu Remigranten wurden –
kehrte auch er heim,
als Österreich zur Ostmark wurde.

Major Reder, der sich
besondere Verdienste
beim Massaker von Marzabotto
erwarb,
war nicht nur Befehlsempfänger,
sondern auch Befehlshaber
und hat selber
mit Hand angelegt.

Als man Frauen, Kinder und Greise
abschlachtete
und Häuser niederbrannte,
benahm sich Reder vorbildlich;
um zu zeigen,
daß er ein guter Kamerad war,
fiel er über eine Nonne her.

Im Winter 1985,
vierzig Jahre
nach dem Zusammenbruch
des Tausendjährigen Reichs,
verließ „der letzte
österreichische Kriegsgefangene”
seine Gemächer
in der italienischen Festung Gaeta –
wo ihm ein Adjutant zur Hand ging –
nachdem sich führende Österreicher
für seine Entlassung eingesetzt hatten.
Sie vertraten die Meinung,
daß seine Bestrafung
für das Hinschlachten tausender Menschen
zu hart ausgefallen wäre
und daß er nun eine Entschädigung
verdient hätte.

Ist es nicht selbstverständlich,
daß ein Mann, der sich einst
so tapfer schlug,
vom Verteidigungsminister
willkommen geheißen wurde?

Was gibt es da im Vergleich
so Bemerkenswertes
an einem zurückgekehrten Juden,
wie du einer bist?

– Herbert Kuhner